Special: Jeyz (Interview, Tour, Review)
Verfasst von Andi am Donnerstag, 10. April 2008 um 15:06
Unser Österreich-Korrespondet Andi hat im Laufe der BOZZ-Tour ein Interview mit dem Nordi-MC Jeyz führen können. Des Weiteren gibt’s noch einen Tourbericht und ein ausführliches Review des letzten Jeyz-Mixtapes „Chronologie 3“.
Interview | Tourbericht | Review „Chronologie 3“
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INTERVIEW MIT JEYZ
Wie bist du bis jetzt mit „Chronologie 3“ zufrieden? Wie läuft der Verkauf und wie sind die Reaktionen der Presse beziehungsweise der Fans?
Jeyz: Also ich bin auf jeden Fall damit zufrieden. Das Mixtape hat meiner Meinung nach schon Albumqualität und die Presse wie auch die Fans teilen diese Meinung. Alle erwarten nun mein Album, welches spätestens im Oktober erscheinen wird.
Du hast bis jetzt 4 Mixtapes veröffentlicht, ohne jemals ein Album releast zu haben. Wie wichtig sind deiner Meinung nach Mixtapes für die Karriere eines Künstlers? Welchen Vorteil haben sie gegenüber einem Album?
Das erste Album ist ja eigentlich der wichtigste Schritt in der Karriere eines Künstlers, deswegen wollte ich so viel Vorarbeit leisten wie möglich. Mixtapes sind wichtig, damit die Leute beim Albumrelease schon wissen, wer du bist und dich kennen. Es gibt halt Leute die gleich zu Beginn ihrer Karriere ein Album releasen und damit ganz schnell sehr bekannt werden; bei uns lautet das Motto aber eher „Von ganz unten nach ganz oben“.
In Deutschland wird seit einiger Zeit über Jugendkriminalität diskutiert, nun kommen auch Gangstarapper ins Kreuzfeuer der Kritik. Wo siehst du denn da deine Rolle? Siehst du dich einfach nur als Produkt dieses Problems und schilderst das Leben eines solchen „Problemfalles“, oder siehst du dich eher mehr als Verantwortungsperson, die Verantwortung gegenüber den Fans und deinem Umfeld hat und den Jugendlichen Hoffnung und Verständnis geben will?
In erster Linie sehe ich mich einfach als Rapper, der das was er sieht aufschreibt und wiedergibt. Trotzdem hat man bei steigendem Bekanntheitsgrad natürlich auch eine Verantwortung, vor allem gegenüber den 12-, 13-jährigen Kindern die dich als Vorbild sehen. Ich habe von jeder Materie ein paar Songs dabei. Das Wichtigste ist, dass die Kids nicht alles eins zu eins auf die Waage legen. Sie sollen nicht glauben, dass alle meine Erlebnisse, über die ich berichte, super-toll sind.
Deine Texte haben ja oft dein Leben als Immigrant zum Thema. Erzähl uns doch bitte etwas genauer über deine Jugend als Immigrant in einem deutschen Problemviertel.
Das Schicksal hat mich schon früh geprägt: Mein Vater starb, als ich erst dreieinhalb Jahre alt war, woraufhin meine alleinstehende Mutter mit mir und meinen vier Geschwistern von Sizilien aus in die Nordweststadt gezogen ist. Dann hat alles seinen Lauf genommen: Ich bin älter geworden, habe Leute kennengelernt, die gedealt haben und teilweise selbst welche genommen haben. Man sieht, wie diese Leute ihr Geld machen und habe es dann auch gemacht, was eine Zeit lang auch gut ging. Dann kamen allerdings die ersten Anzeigen, Straßenschlachten und sogar Polizeidurchsuchungen bei mir zu Hause. Ich saß auch im Knast, glücklicherweise nicht über einen längeren Zeitraum.
Wenn man älter wird, merkt man wie viel Zeit ich dadurch verschwendet habe. Hätte ich mich schon früher in die Musik hineingekniet, wäre ich vielleicht schon weiter als ich heute bin. Es ist aber alles gut so wie es ist und so wie es gelaufen ist. Mir geht es gut, kann von der Musik halbwegs leben und bekomme nun auch den Respekt der Leute, den ich mir verdiene.
Wie hast du denn den Misserfolg von Warheit verkraftet?
Anfangs war ich natürlich voller Hass, da die LP meines Erachtens nach die beste LP im Jahr 07 war. Außerdem war jeder Rapper auf Warheit ein Künstler in sich auf 100%. Bei anderen Crews gibt es immer nur einen Vorreiter der seine schlechteren Kollegen mitzieht, das gab es bei uns nicht. Klar, durch Azad haben wir viel Aufmerksamkeit erhalten, aber raptechnisch war bei uns jeder auf dem gleichen Level.
Leider haben es die Leute nicht so gefeiert wie wir das erhofft haben. Die erste Single „Hölle auf Erden“ wurde aufgrund des Hitler-Vergleichs stark kritisiert und als Vorbote eines politischen Albums angesehen, dass es jedoch in keinster Weise war. Wir dachten sich, dass wir mal eine etwas andere Single rausholen wollen; nicht das übliche Representer-Zeug. Was mich oft wundert, ist dass auf den Konzerten die Leute bei den Warheit-Songs total abgehen, obwohl wir nur 10.000 Exemplare verkauft haben. Ich schätze, dass hier auch das Download-Problem seinen Teil zum Misserfolg beigetragen hat.
Denkt man in solchen Zeiten ans Aufhören? Sezai hat ja nach dem Flop von „Betonklassik“ seine Karriere beendet.
Ich habe auch ein, zwei Wochen meine Depri-Phase gehabt, aber irgendwie hat mir diese Zeit auch Kraft gegeben, mehr Texte zu schreiben und mit noch mehr Power zu arbeiten. Wenn es einem gelingt, sich aus so einem Tief herauszukämpfen, kommt man doppelt so stark zurück. Man darf niemals aufgeben, die Hoffnung zu verlieren.
Wie verhält sich bei dir das Verhältnis zwischen finanziellen Zielen, die du mit Rap erreichen willst, und der einfachen Liebe zur Musik? Würdest du wie Eko Fresh mit dem Rappen aufhören, wenn du merkst dass es sich finanziell nicht auszahlt?
Ich glaube nicht, dass Eko nur wegen einem schlecht verkauften Album aufgehört hat zu rappen, da haben sicherlich mehr Faktoren zusammen gespielt. Ich werde nie mit der Musik aufhören, da es für mich ein Ventil ist, mich von Stress und Problemen zu befreien. “Der Tag“ auf der ersten Chronologie ist dafür das beste Beispiel.
Mein Ziel ist es, ein Album zu machen und von der Musik leben zu können, was momentan auch einigermaßen funktioniert. Es könnte aber gerne natürlich mehr sein, überhaupt wenn ich sehe, welche Rapper mehr Geld als ich verdienen. Leider Gottes spielen heute vielmehr andere Faktoren mit ob man ganz oben steht oder nicht.
Man kann heutzutage das Rap-Business mit Hollywood vergleichen: Was wir bei Bozz Music machen, ist wie der Film „La Haine“. Das hat nichts mit Hollywood zu tun, ist einfach nur die Wahrheit und meiner Meinung nach ein überkrasser Film. Die anderen Rapper kannst du dann mit „Das 5. Element“ vergleichen. Das ist Hollywood, verkauft sich mehr, und so weiter. Was ich damit sagen will ist, dass mir dieser billige, aber realere Film persönlich viel mehr gibt als dieser Hollywood-Streifen. So kannst du das auch mit unserer Musik vergleichen.
Das was du ansprichst, kann man ja auch mit dem „Projekt“ Massiv vergleichen. Ein Major nimmt sich einen Rapper, stellt ihm einen krassen Produzenten zur Seite, und hofft dass dies zum erwünschten Erfolg führt. Das Ergebnis: 6500 verkaufte CDs.
Ehrlich? Ich gar nicht gewusst, dass die Verkaufszahlen so niedrig sind. Aber ich sage dir ganz ehrlich: Ich wünsche jeden da draussen viel Glück und Erfolg. Ich bin auch jetzt kein Typ der jemanden disst oder keinen Erfolg wünscht.
Zum Thema Beef: Wie stehst du dazu, dass sich Azad mit Aggro ausgesprochen hat?
Es war so, dass sich Sido bei Azad offiziell entschuldigt hat und ihn auch mehrmals angerufen hat. Wenn Azad damit cool ist, ist dass natürlich gut so. Es gibt so viel Krieg und Beef auf der Welt, sodass es nur gut sein kann wenn man sich wieder verträgt. Auch ich habe ja Streit mit Aggro gehabt, genauer gesagt mit Alpa Gun, dem ich auf „Betonklassik“ eine Zeile gewidmet habe. In der Schweiz hat er mir dann gesagt, dass er keinen Stress mit mir haben will, woraufhin ich ihm die Hand gegeben habe und jetzt alles cool ist.
Ich bin auch nicht der Typ der unbedingt auf einem Beef herumreitet um so vielleicht auch noch mehr Platten zu verkaufen. Wenn ich wirklich mit jemandem ein Problem habe, dann habe ich das auch wirklich. Das kann dann auch handgreiflich werden. Ich versuche mich daher aus allem so gut wie möglich rauszuhalten.
Kannst du uns bereits ein paar Fakten zum bald erscheinenden Album liefern? Wer produziert und wann wird es in etwa kommen? Ist auch eine Major-Anbindung angedacht?
Zwanzig Songs sind bereits fertig, fünf bis sechs werde ich noch schreiben. Die besten 15-16 werden es dann aufs Album schaffen. Ich werde alles dafür tun, dass es im Oktober kommen wird. Der Fokus liegt jetzt aber erstmals auf dem Mixtape. Mit dem Album geht es dann erst so richtig los und ich werde versuchen, jedes Jahr ein Album zu droppen. Ich danke auf diesem Weg gleich allen Fans, die sich das Album original kaufen, ihr ermöglicht mir weiter Musik zu machen.
Ist auch eine Major-Anbindung angedacht?
Nachdem das Warheit-Album auf dem Major weniger erfolgreich verlief, habe ich gar nicht so Bock darauf mich auf einen Major festzulegen. Ich werde mir alles anschauen und dann das beste Angebot nehmen.
Wie wird es sonst mit BOZZ weitergehen? Laut Azad wurde das Label ja neu struktiert. Kommen jetzt die angekündigten Releases wie etwa das Jonesmann-Mixtape?
Ich denke der BOZZ-Sampler wird bald kommen, Mixtapes von Jonesmann, Azad und 439, und dann noch Alben von Azad und meiner Wenigkeit. Was bei Yassir passiert, weiß ich leider nicht, der sitzt noch im Knast.
Jeyz, vielen Dank für das Interview!
Pics: mtv.de
geführt von Andreas Berger für Generation One
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TOURBERICHT: AZAD / BOZZ
Am 7. März fand der einzige Österreich-Stopp der „Blockschrift“-Tour von Bozz Music im Wiener Planet Music statt. Unter den ca. 250 Besuchern fand sich ein gemischtes Publikum ein: Einerseits stellte die übliche New Era-Armee ihren Mann, andererseits waren auch „unroutinierte“ Fans von Azad anwesend, die wohl nicht zum Stammpublikum von HipHop-Konzerten zu zählen sind. Ergänzt wurde die Crowd von einigen harten Posern, die sich zu schade waren, sich auch nur ein kleines Bisschen zum Takt zu bewegen.
Für die Eröffnung sorgte das neueste Bozz-Signing 439, bestehend aus Hanybal & Solo. Obwohl keiner im Publikum Songs des Duos kannte, ging die Crowd überraschend gut ab. Der bessere Liveact der beiden ist mit Sicherheit Solo, man merkte, dass er sich auf der Bühne viel wohler fühlte als sein Kollege. Weiters erwähnenswert ist der Gastauftritt von einem „Blockschrift“-Crewmitglied, der mit seiner Pantomime für großes Gelächter sorgte. Der gelungene Auftritt der 439-Jungs sorgt für gesteigerte Vorfeude auf das bald erscheinende Mixtape auf Bozz-Music.
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JEYZ – CHRONOLOGIE 3: DAS ENDE VOM ANFANG
Releasedate: 14.12.2007, Bozz / Universal
Neuer Stuff aus dem Bozz-Music-Camp: Kurz nach dem Azad-Album „Blockschrift“ kommt dessen Homie Jeyz mit seinem mittlerweile vierten Mixtape „Chronologie 3 – Das Ende vom Anfang“ um die Ecke. Wie bereits aus den ersten zwei Teilen der Chronologie-Serie bekannt, setzt sich die Tracklist aus neuen Remixen, alten Klassikern und exklusiven Songs zusammen. „Chronologie 3 – Das Ende vom Anfang“ zieht einerseits einen Schlussstrich unter seinem bisherigen Schaffen, andererseits bereitet es die Fans auf das für 2008 angekündigte Debütalbum vor.
Kommentare (2)
Kategorie: Interviews,News
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Comment by Andrea
Made Mittwoch, 2 of Juni , 2010 at 12:35
ich weiß nicht ob ich dich gerade verwechsel aber ich finde die musik ganz ok von dir.
Comment by Lance1
Made Mittwoch, 2 of Juni , 2010 at 17:30
wer kommt sonst noch in frage?!